Die Barmherzigkeit Gottes neu entdeckt
„Mein Wesen ist Barmherzigkeit“
Vortrag von Pfarrer Dr. Stephan Sproll aus Hochaltingen, bekannt aus K-TV, Radio Maria und Radio Horeb, am Samstag, den 30.11.2013 in der Busdorfkirche in Paderborn.
Von Stephan Sproll
Beginnen wir mit einem Gebet: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Herr Jesus Christus, wir wollen dir danken, wir wollen dir danken für diesen Tag. Wir wollen dir danken, himmlischer Vater, für dieses Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit. Wir wollen dir danken für deine übergroße Liebe. Wir wollen dir danken, dass du jetzt meine Brüder und Schwestern, die wir hier in dieser Kirche versammelt sind, dass du uns, uns ganz und gar hineinnehmen möchtest in dieses innerste Geheimnis Gottes. Du selber hast zur Sr. Faustina gesagt: „Mein Wesen ist Barmherzigkeit.“ So wollen wir dich jetzt bitten: Erfülle du unsere Augen, erfülle du unseren Geist, unseren Sinn mit deinem göttlichen Licht, mit diesem Geist der Weisheit, aber vor allem mit diesem Geist der Liebe, mit diesem Geist der Barmherzigkeit. Darum wollen wir bitten durch Christus, unseren Herrn. Amen.
„Barmherzigkeit neu entdecken“, so ist dieser Vortrag überschrieben, und wie können wir dieses Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit neu entdecken? Vielleicht hilft uns schon diese äußere Situation, so wie Pastor Berief, der mich jetzt begrüßt hat hier zu diesem Vortrag, er hat gesagt: Gott, er ist diese Ewigkeit, Gott ist Zustand, diese Ewigkeit Gottes ist diese Fülle. Wir hier in dieser Welt, wir leben immer auf dieses eine Ziel hin: Der Mensch, er hat immer diese Sehnsucht, er ist hier, wie auf einem Rollband, wie auf einem Fließband, immer mit dieser Sehnsucht nach seiner eigentlichen Berufung. Aber was ist die eigentliche Berufung des Menschen? Die eigentliche Berufung des Menschen ist, diesem Abbild Gottes gleich zu werden. Jeder einzelne von Ihnen, meine lieben Zuhörer, er ist Abbild Gottes. Das bedeutet, er trägt dieses Abbild der göttlichen Barmherzigkeit schon in seinem Herzen, in seiner Seele. Und hier geht es darum, dass wir dieses Abbild dieser göttlichen Barmherzigkeit auch in uns neu entdecken.
Schaut, meine Lieben: Wir sind vom Vater her gekommen, von dieser göttlichen Barmherzigkeit, von Ewigkeit her. Und Gott, der himmlische Vater, er hat vor dem Sündenfall in den Menschen, er hat in Ihnen, meine lieben Zuhörer, alles hineingelegt: diese Fülle der göttlichen Barmherzigkeit hat er hineingelegt in das Tiefste Ihres Herzens, in das Tiefste Ihrer Seele. Und genau das ist das, was wir Menschen wieder neu ergründen müssen. Das ist das, wo der Mensch wieder neu seinen Blick hinrichten soll.
Die Welt in der heutigen Zeit draußen, sie möchte uns dazu einladen: das muss ich anschauen, das brauche ich noch, das fehlt mir noch, und da muss ich auf meinem iPad noch schauen – irgendwo geht es immer darum, dass man etwas anschaut. Aber der sel. Papst Johannes Paul II. hat gesagt, zu Beginn des neuen Jahrtausends, in seiner Enzyklika “Duc in altum – Fahr hinaus”, er hat gesagt: Zwei Dinge müssen wir suchen: Das erste, was wir schauen müssen und suchen müssen, das ist dieses Abbild Gottes, dieses Antlitz Gottes. Das ist diese Frage auch an jeden Tag selber, auch an uns Geistlichen neu; aber das ist diese Frage auch an jeden von Ihnen: Suche ich dieses Abbild Gottes? Suche ich es wirklich von Herzen?
Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort, er sagt – er hat im 16. und 17. Jahrhundert schon immer mehr diesen Glaubensabfall wahrgenommen – und er hat sich gefragt: Was kann diesen Glaubensabfall eigentlich aufhalten? Er hat gesagt: Das Wichtigste ist, dass wir unsere Berufung, dass wir dem wieder treu werden, was unser eigentliches ist, dass wir immer wieder auch unsere Taufe erneuern. Schaut, durch diese Gnade der Taufe, dort, wo der Priester bei Ihnen das Wasser über das Haupt gegossen hat und gesagt hat: Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, dort haben Sie den Dreifaltigen Gott empfangen, dort kam diese ganze Fülle der göttlichen Barmherzigkeit in Ihr Herz, in Ihre Seele hinein. Und genau darum geht es wieder, dass wir dieses Abbild Gottes wieder neu in uns suchen, wieder neu in uns entdecken.
Aber wie können wir dieses Abbild der göttlichen Barmherzigkeit wieder neu entdecken? Wie können wir es neu wiederfinden in unserem Leben? Schaut, es ist noch im Verborgenen, hier sind wir immer auf diesem Weg, es immer wieder tiefer zu ergründen. Und am Schluss werden wir es in Ewigkeit, und das ist ja eben das, was auch so die Schwester Faustyna dann schon in sich getragen hat, sie schaut immer wieder nach diesem Blick auf Jesus, hier in dieser Welt. Am 26. September, kurz bevor Schwester Faustyna gestorben ist, kam der sel. Michal Sopocko nochmal zu Schwester Faustyna in das Sterbezimmer. Und Schwester Faustyna hat zum sel Michael Sopocko gesagt: „Ich beschäftige mich mit dem Vater.“ Schaut und das ist am Schluss unsere eigentliche Berufung. Die Mutter der Barmherzigkeit, die Gottesmutter, sie führt uns hin zu Jesus Christus. Und Jesus Christus, er führt uns am Schluss hin zum himmlischen Vater, zu diesem Vater der Göttlichen Barmherzigkeit. Das ist unsere eigentliche Berufung, dass wir wieder ganz und gar in dieser Fülle der Herrlichkeit, ganz und gar in dieser Fülle der Göttlichen Barmherzigkeit den Vater wieder schauen.
Und schaut, es gibt in Deutschland eine wunderschöne Kirche. Wie können wir wieder diesem Abbild (er weist auf das Bild des Barmherzigen Jesus vor dem Altar), wie wird unser Abbild ähnlich diesem Abbild der Göttlichen Barmherzigkeit, wie wird unser Abbild unserem Herrn Jesus Christus ähnlich, so, dass wir am Schluss den Vater schauen können?
Vielleicht ein schönes Bild: In Frankfurt, im Frankfurter Dom, gibt es diese Wahlkapelle, wo die deutschen Kaiser gewählt worden sind. Und im Hochaltarbild dort ist Jesus Christus als dieser Gekreuzigte und der linke Schächer, der sich von Jesus Christus abwendet und der rechte Schächer der eben Jesus anblickt. Und er sagt in diesem entscheidenden Augenblick von Tod und Auferstehung, in diesem tiefstem, in diesem wichtigsten Augenblick, in diesem Geheimnis des Paschamysteriums, in diesem Geheimnis der Barmherzigkeit, wo es um alles geht, dort sagt er: „Gedenke meiner, wenn du heute in das Paradies gehst.“ Es ist diese Haltung, diese Anbetung. Der rechte Schächer hatte jetzt diese Hoffnung. Obwohl sein ganzes Leben zerbrochen war, hatte er trotzdem diese Hoffnung, jetzt auf diese Fülle der Barmherzigkeit, dass doch nichts verloren ist. Und dieser rechte Schächer, er wird auf besondere Weise dargestellt. Er wird dargestellt mit dem gleichen Antlitz, wie es Jesus Christus selber hatte. Er hat das gleiche Antlitz getragen wie Jesus in der Wahlkapelle. Und schaut, das ist unsere Berufung. Dass unser Antlitz wieder zu dem Antlitz Jesu wird, das unser Antlitz zu diesem Antlitz der Göttlichen Barmherzigkeit wird. Aber wie wird jetzt unser Antlitz dem Antlitz Jesu ähnlich, wie können wir sie neu entdecken, diese Barmherzigkeit Gottes für unser Leben? Schauen wir einmal auf die hl. Schwester Faustyna. Die hl. Schwester Faustyna, sie hat etwas geübt. Sie hat diese Barmherzigkeit Gottes auf zweifache Weise geübt. Papst Johannes Paul II. hat gesagt: „Sucht die Barmherzigkeit Gottes im Antlitz Gottes, also in Gott selber.“ Und das ist einfach dieser Hinweis auf das Gebet. Wenn wir auf die ersten Heiligen bis zum vierten Jahrhundert schauen, die ersten Heiligen sind alle als Märtyrer gestorben. Aber auch Schwester Faustyna, sie ist gewissermaßen eine Märtyrerin. Sie ist eine Märtyrerin der Göttlichen Barmherzigkeit, weil, sie hat sich ihr Herz brechen lassen. Ihr Herz wurde, indem sie ihr Herz immer mehr in dieses Herz Jesu Christi hineingelegt hat, dort wo diese Strahlen der Göttlichen Barmherzigkeit herausgeflossen sind, genau dort hat die Schwester Faustyna ihr Herz immer wieder hineingelegt. In der Anbetung, im Gebet, in der Hl. Messe, im Sakrament der Versöhnung. Schaut meine Lieben, das ist unsere Berufung, das ist die Berufung von jedem einzelnen von Ihnen, dass wir unser Herz hineinlegen in dieses allerheiligste Herz Jesu. Dass unsere Herzen umstrahlt werden von diesem Feuer der Göttlichen Barmherzigkeit.
Schwester Faustyna, sie schreibt einmal in ihrem Tagebuch: „Ich fühlte mich in jedem Augenblick umhüllt von dieser Barmherzigkeit Gottes.“ Und prüfen wir uns. Ist unser Herz schon so?
Und es geht um eine Wandlung des Herzens. Es geht eben darum und das geschieht nicht von heute auf morgen. Sondern es geht darum, dass wir unsere Herzen immer mehr wieder auch diesem Herzen Jesu hinhalten. Dass unsere Herzen immer mehr verwandelt werden von diesem roten und diesem blassen Strahl der Göttlichen Barmherzigkeit. Und das, was die Herzen am meisten verwandelt und was auch das Herz von der Schwester Faustyna am meisten verwandelt hat, das war das Geheimnis der Eucharistie. Das war das Sakrament der Versöhnung, das Sakrament der Buße. Und das ist auch diese Prüfung an uns. Wie sehr lebe ich heraus aus diesem Geheimnis: Dort in den Sakramenten ist die Barmherzigkeit Gottes zutiefst gegenwärtig. Wenn Jesus zur Schwester Faustyna sagt zum Sakrament der Versöhnung: “Diese Gnaden der Lossprechung, sie fließen aus dem Innersten meiner Gottheit hervor und sie veredeln die Seele.“ Wenn wir das einmal bedenken, was das für uns Menschen bedeutet: Das fließt aus dem Innersten der Gottheit hervor. Das bedeutet, dass es der absolut, abgrundtiefste Grund der Liebe des himmlischen Vaters für uns ist. Dass wir uns das einfach auch einmal bewusst machen: Was schenkt uns Gott, wenn wir dieses Sakrament der Versöhnung, dieses Sakrament der Barmherzigkeit empfangen? Jesus sagt zur Schwester Faustyna: „Hier in diesem Sakrament geschehen die größten Wunder.“ Und haben wir noch diesen Glauben? Haben wir diese Hoffnung, dass Jesus hier in diesem Sakrament, das größte Wunder an meinem Herzen, an meinem Leben vollzieht? Und die neue deutsche Kirchenlehrerin, die hl. Hildegard von Bingen sagt, derjenige der beichtet, das hat nicht nur Auswirkung für die Person, für den Menschen selber, sondern es hat Auswirkungen auch auf das ganze Umfeld. Auch die Menschen im Umfeld werden hineingenommen in dieses Geheimnis der Liebe, in dieses Geheimnis der Barmherzigkeit.
Und der hl. Vincenz Palotti, er sagte einmal: „Die Heiligen, auch sie waren immer Sünder.“ Aber die Heiligen haben etwas getan: Sie haben aus etwas heraus gelebt und das hat auch die hl. Schwester Faustyna getan. Die Heiligen haben aus den Sakramenten heraus gelebt.
Und genauso, denke ich, ist es gerade in der heutigen Zeit so sehr wichtig aus den Sakramenten, aus diesen tiefsten Geheimnissen der Barmherzigkeit Gottes heraus zu leben. Und ich glaube, wir müssen mehr aus diesen Strahlen der göttlichen Barmherzigkeit heraus trinken, vielleicht wie noch nie zuvor, weil die Zeit einfach, auch geistlich, richtig schwer geworden ist. Es gibt eine Darstellung auch des heiligen Franziskus, wie der heilige Franziskus an dieser Seitenwunde Jesu heraus trinkt.
Schaut, und das ist Ihre Berufung, meine lieben Zuhörer, Ihre Berufung. Und dann, wenn wir immer mehr daraus leben, um so mehr werden Sie in sich dieses Abbild der göttlichen Barmherzigkeit in Ihnen, in Ihrer Seele wieder neu entdecken.
Und das Zweite ist, dieses Abbild der Barmherzigkeit Gottes auch zu suchen im Mitmenschen, in jedem einzelnen von ihnen. Das hat auch die heilige Sr. Faustyna hier auf einzigartige Weise gelebt. Zum einen war sie diese ganz tiefgeistliche, diese betende Frau, die diese Haltung des Empfangens hatte, die ganz aus dieser Liebe, aus dieser Gnade der Barmherzigkeit heraus gelebt hat, aber die diese Barmherzigkeit, die sie von Jesus empfangen hat, nicht für sich behalten hat, sondern die diese Barmherzigkeit den Mitmenschen weitergeschenkt hat. So wie Sie diese Stelle aus dem Tagebuch heraus kennen: Mach meine Hände barmherzig, dass ich dem Nächsten zu Hilfe eile. Oder: Mach meine Füße barmherzig, mach meinen Blick barmherzig, dass ich schaue, wo fehlt es dem Nächsten, wo leidet der andere Not? Aber es ist jetzt auch für uns diese Prüfung, wo sind meine Hände barmherzig? Ich denke, jeder einzelne von uns hat an jedem Tag unzählige Möglichkeiten, dass unsere Hände zu Händen der Barmherzigkeit werden, dass unsere Augen zu Augen der Barmherzigkeit werden, dass wir uns einmal prüfen, schaue ich nur mit diesem Blick der Liebe? Oder vielleicht, wenn ich jemand auf der Straße sehe, den ich nicht so gern mag, wie schaue ich ihn an? Verurteile ich ihn vielleicht in den Gedanken? Aber dann, wenn ich das spüre, dass ich dann zu Jesus hingehe und darum bitte, mach Du meine Augen zu Augen der Barmherzigkeit, mach Du meine Ohren zu diesen Ohren der Barmherzigkeit, dass ich auf das Gute höre, auf die Barmherzigkeit Gottes. Vor allem aber auch die Zunge. Die heilige Sr. Faustyna hat auch immer wieder darum gebeten, und das ist etwas so Schönes, wo ich manchmal auch den Menschen im Sakrament der Versöhnung Mut mache. Manchmal kommen Personen, die haben es schwierig, zum Beispiel mit der Wahrheit. Dann empfehle ich ihnen so ganz einfach, wie bei der Sr. Faustyna, sie hat immer, wo sie dann die Kommunion auf der Zunge gehabt hat, sie hat immer auch um die Heilung ihrer Zunge gebeten. Wir müssen nicht das Große tun, sondern wir müssen einfach diese Gnaden der göttlichen Barmherzigkeit auch für uns in Anspruch nehmen und dann Jesus bitten: „Mache Du heil meine Zunge, dass meine Zunge barmherzig werde.“
Also die heilige Sr. Faustyna, die beides gelebt hat, zum einen diese Ganzhingabe ganz an Jesus Christus, aber das andere, die diese Barmherzigkeit auch konkret gelebt hat. Und sie ist am Schluss zu dieser Martyrerin des Herzens für diese Barmherzigkeit Gottes geworden. Schaut, auch Jesus, Er hat am Kreuz Sein Herz brechen lassen. Er ist nicht an Seinen Wunden gestorben. Jesus ist am gebrochenen Herzen gestorben.
Aber vielleicht schauen wir, wer ist denn noch an einem gebrochenen Herzen gestorben? Vielleicht schauen wir doch einfach, das ist, denke ich, eben unsere Berufung. Der Erste, der sein Herz hat brechen lassen, das war der himmlische Vater. Der himmlische Vater, er hat den Menschen, er hat Adam erschaffen, Adam und Eva. Er hat dem Menschen alles zu Füßen gelegt. In fünf Tagen, und am sechsten Tag ist der Höhepunkt der Schöpfung, er hat alles in den Menschen hineingelegt. Schaut, das ist eben die Barmherzigkeit Gottes, das wir uns dessen einfach bewusst sind, der Vater hat alles, jede Gnade in Ihr Herz, in Ihre Seele hineingelegt. Und dieses Wort aus der Heiligen Schrift „Von Ewigkeit her habe ich dich erwählt“, das ist ein Wort der Barmherzigkeit, von Ewigkeit her. Das ist nicht ein Gedanke von weit zurück, sondern von Ewigkeit, und das ist Gegenwart, das ist absolute Gegenwart der göttlichen Barmherzigkeit. Das ist nicht etwas, was dann nur äußerlich an Ihnen dann geschieht oder was nur äußerlich um uns herum ist, nein, sondern bis in das Tiefste unseres Herzens. Und das kann ich aber nur immer tiefer erfassen, wenn ich immer mehr im Gebet bin, wenn ich mein Herz dem Herzen Jesu ähnlich werden und umgestalten lasse.
Und schaut, der Vater, Gott, der hat dem Menschen alles dargeboten, alles, alles, was er hatte. Und dann, was hat der Mensch getan? Er hat den Sündenfall begangen und das ist gewissermaßen, am siebten Tag heißt es, da hat Gott geruht. Und das wäre eigentlich jetzt unsere Berufung gewesen, Gott die Ehre zu geben. Aber die großen Kirchenväter, der heilige Augustinus und auch andere, sie sagen: der Mensch hat sich schon sehr früh von dieser Barmherzigkeit Gottes, von dieser Liebe Gottes, abgewandt und es kam sehr früh eben zum Sündenfall.
Aber was tut das bei Gott? Was würde es bei uns bewirken, wenn wir alles Gute für einen Menschen tun und alles schenken, und nachher sagt diese Person: „Nee, den will ich gar nicht. Es genügt mir, mir selber. Ich bin selber mit mir ganz und gar zufrieden.“ Was tut das bei einem Menschen? Das bricht bei einem Menschen das Herz. Und genauso war es eben beim himmlischen Vater. Dieser Schmerz, der Mensch, er möchte meine Barmherzigkeit nicht haben, der Mensch, der davongesprungen ist. Es bricht das Herz des Vaters. Aber wir dürfen darauf vertrauen, wenn dieses Herz des Vaters gebrochen ist, und das wird auch so deutlich, jetzt auch in dem Bild von der Sr. Faustyna, diese Strahlen der Barmherzigkeit, sie treten jetzt nach außen. Aber diese Wunde des gebrochenen Herzens, sie muss geheilt werden.
Und schaut, der Sündenfall war nicht nur eine Wunde beim Menschen. Der Mensch ist dahingehend verwundet worden durch den Sündenfall, weil, die Sünde isoliert uns. Sie isoliert uns von Gott, sie isoliert uns vom Mitmenschen, sie isoliert uns aber auch von uns selber. Das ist auch der Mensch, der verwundet worden ist, weil er in seiner Berufung nicht mehr er selbst ist. Es ist nicht mehr seine Berufung, hier in dieser Welt zu sein.
Aber dann auch die Wunde beim Vater. Der zweite eben, der Vater, diese Barmherzigkeit Gottes, die dem Menschen, die Adam und Eva, die aber ihnen nachgeht bis auf den heutigen Augenblick, der zu ihnen sagt: „Ich sende meinen Sohn, um dich zu erlösen, um dir heute diese Gnaden der Barmherzigkeit, um dir heute diese Frucht der Erlösung zuteil werden zu lassen.“ Und Sr. Faustyna sagt, das Sakrament der Versöhnung ist nicht nur dazu da, das ist sicher nicht der wichtigste Grund, dass Gott uns befreit von Sünde und Schuld, sondern das Wichtigste ist, dass wir wieder zurückgeführt werden in unsere Sohnschaft, dass wir wieder zu unserer eigentlichen Berufung als Kinder der Barmherzigkeit zurückgeführt werden, Kinder Gottes sein können, dass wir dessen wieder uns bewusst werden und dass wir auch dessen wieder teilhaftig werden. Das ist unsere Berufung.
Dazu muss ich aber auch diese Gnade kommen, der Wille, dieses Kind Gottes zu sein, dieses Ja, meine Taufe wieder anzunehmen, dass ich eben immer wieder diesen Bund mit Gott, diese Taufgnade, immer wieder neu schließe und dass ich diese Gnade der Firmung immer wieder neu in Anspruch nehme, oder dieses Sakrament der Priesterweihe oder das Sakrament der Ehe, dass wir diesen Bund der Barmherzigkeit immer wieder neu schließen. Das ist nicht etwas Einmaliges. Die Kirche gibt uns die Anleitung in der Osternacht, dort, wo wir diesen Bund der Taufe neu schließen, wo wir dem Bösen absagen, unseren Glauben neu bekennen. Dort schließen wir bewusst jedes Jahr einmal in dieser Gemeinschaft, in dieser großen Gemeinschaft neu diesen Bund der Taufe, diesen Bund, diese Hochzeit der Barmherzigkeit; das ist eigentlich in der Osternacht.
Aber wir sind eigentlich jeden Tag dazu eingeladen, diesen Bund der Barmherzigkeit immer wieder neu zu schließen.
Und schaut, diese Wunde jetzt, diese Herzenswunde des Vaters, die geheilt werden muss. Aber wer kann diese Herzenswunde des Vaters heilen, diese Wunde der Barmherzigkeit, diese tiefste innerste Wunde des Vaters? Diese Wunde der Barmherzigkeit, die kann nur Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, schließen und wieder neu ausheilen. Und deswegen ist er Mensch geworden. Und hier am Bild des barmherzigen Jesus kann man, wie am Turiner Grabtuch sehen, Jesus ist am gebrochenen Herzen gestorben. Dieser rote und der blasse Strahl, das Blut und das Wasser, das aus der Seitenwunde Jesu herausfliesst, es ist das Zeichen für einen Herzinfarkt. Und wir müssen denken, Jesus, er hat seine Seite, diese Herzensseite, hat er öffnen lassen nach seinem Tod. Das bedeutet, diese Herzenswunde, sie wird nie mehr geschlossen, sie ist immer offen.
Und schaut, das ist auch für Sie, meine lieben Zuhörer, einfach auch diese Ermutigung: ich brauche vor diesem Gott keine Angst haben. Es ist immer dieser Gott der Liebe, es ist immer der Gott der Barmherzigkeit für Ihr Leben ganz und gar persönlich. Und gerade dann, wenn Sie vielleicht diese Angst oder diese Sorgen in Ihrem Leben spüren, ist es diese persönliche Einladung für Sie, an diese Quelle der Barmherzigkeit hinzutreten. Gerade auch unter das Kreuz, in diesen roten und in diesen blassen Strahl. Das ist eben dieser zweite Herzinfarkt: Jesus, der sein Herz hat brechen lassen.
Und die Dritte, die ihr Herz dann hat brechen lassen, das ist die Gottesmutter. Maria, auch sie hat Jesus in den Tempel getragen. Es heißt im alten Testament „Jede männliche Erstgeburt, die den Mutterschoß durchstößt, sie muss Gott geweiht sein.“ Und schaut, was ist der Mutterschoß? Die Barmherzigkeit Gottes, sie ist, so heißt es auf hebräisch „racham“ [das hebräische „rachamim“ (Barmherzigkeit) kommt von „racham“ (Mutterschoß)], d. h. die Barmherzigkeit Gottes ist wie viele Mutterschöße. Aber welcher Mutterschoß war vollkommen mit dieser Barmherzigkeit, vollkommen mit dieser Liebe Gottes erfüllt? Das war der Schoß der Gottesmutter Maria. Und Maria hat diesen Mutterschoß der Barmherzigkeit hindurch brechen lassen durch ihren Sohn, durch den Sohn der Barmherzigkeit, und diesen Sohn hat sie dem Vater zurückgeschenkt. Aber Simeon sagt: „Ein Schwert wird deine Seele durchdringen.“ Schaut, dieses Durchstoßen des Mutterschoßes durch die Barmherzigkeit, dieses Geöffnet werden, dieses Leiden auch Mariens, das war nicht nur etwas Einmaliges dort in Bethlehem, sondern es geschieht immer wieder. Es ist immer wieder Maria, die immer wieder neu Ja gesagt hat zu dieser Barmherzigkeit Gottes, die sich immer wieder neu in diesen Dienst der Barmherzigkeit Gottes gestellt hat.
Und warum ist Maria die Mutter der Barmherzigkeit? Das erste ist, sie ist Mutter der Barmherzigkeit, weil sie die Erste war, die auf vollkommenste Weise, unbefleckt diese Barmherzigkeit Gottes empfangen hat. Sie ist aber auch Mutter der Barmherzigkeit, weil sie diese Barmherzigkeit nicht für sich selber empfangen hat, sondern weil sie diese Barmherzigkeit Gottes allen Menschen weitergegeben hat, und genauso auch an Sie.
Schaut, was muss das für die Mutter gewesen sein, unter dem Kreuz, als Jesus dann gesagt hat: „Frau, siehe dein Sohn. – Sohn, siehe, deine Mutter.“ Maria hat in diesem Augenblick nochmals dazu eingewilligt Jesus loszulassen und dafür diesen Lieblingsjünger als Sohn anzunehmen. Auch hier ist es, das ist ein zerbrochenes Herz, hier wird dieses Herz Mariens gebrochen. Aber dieses Herz Mariens wird hier dazu gebrochen, damit dieser Lieblingsjünger Sohn werden kann. Und das sind Sie, meine lieben Zuhörer, Sie sind heute dieser Lieblingsjünger, der unter dem Kreuz steht, unter dieser Hochzeit der Barmherzigkeit. Und Jesus sagt zu Maria: „Siehe dein Sohn, siehe deine Tochter, hier ist diese Tochter, hier ist dein Sohn der Barmherzigkeit.“
Und der Lieblingsjünger nahm Maria zu eigen. Schaut, diese Gnaden der Barmherzigkeit, sie fließen aus dem Innersten des Herzen des Vaters hindurch durch das Herz Jesu, hindurch durch das Herz Mariens, in Ihr Herz hinein. Schaut, diese Quelle der Barmherzigkeit jetzt und immer neu.
Und jetzt geht es aber um eine weitere Berufung. Das erste ist vielleicht einfach, schaun wir zuerst einfach auf unsere Berufung, was ist unsere Berufung? Unsere Berufung ist es auch jetzt, dass auch wir unsere Herzen brechen lassen. Jesus, er ist für den Menschen gestorben, Maria hat ihr Herz brechen lassen, aber auch bei uns.
Schaut, immer wenn wir das Sakrament der Eucharistie empfangen, wenn wir von diesem Testament, so schreibt es Sr. Faustyna in ihrem Tagebuch, die Eucharistie ist das Testament Gottes, dieses Testament der Barmherzigkeit. Schaut, wenn wir den Leib Christi empfangen, wenn wir nachher die Eucharistie empfangen, so ist vorher die Gabenbereitung. Und bei der Gabenbereitung legen wir uns selber mit in die Hostienschale, mit in den Kelch hinein. Also das ist eben die Hingabe, nicht dass wir nur ein frommes Lied singen, sondern die Hingabe ist jetzt wichtig, dass ich mich dieser Barmherzigkeit ganz übergebe und sage: „Gott, ich vertraue hier auf Dich, Du darfst alles mit mir machen.“ Aber was geschieht dann nachher? Nachher ist diese Wandlung über den Gaben. Papst Benedikt XVI. hat einmal gesagt: „Jesus wollte nicht bei der Wandlung von Leib und Blut Christi stehen bleiben, sondern er will uns verwandeln.“
Und schaut, nachher geht Christus ans Kreuz, wenn der Priester dann die Hostie bricht, so ist es der Tod Jesu am Kreuz, dieser Augenblick der Barmherzigkeit ganz und gar. Und dann lässt der Priester diesen Partikel in den Kelch hineinfallen, dieser Augenblick der Auferstehung. Um das geht es. Schaut, aber wenn wir uns mit hineingelegt haben, auf die Hostienschale, in den Kelch hinein, so bleibt das an uns nicht ohne Wirkung, sondern wir werden zutiefst auch mit hineingenommen.
Schaut zum Beispiel die Mutter von Don Bosco. An seinem Primiztag kam seine Mutter zu ihm und sie hat zu ihm gesagt.“ Das, was du jeden Tag am Altar vollziehst, wird irgendwann in dein Lebensopfer übergehen.“
Schaut, meine Lieben, das ist Ihre Berufung, dass das, was wir auf dem Altar vollziehen, dass das, was wir auf diesem Bild der Barmherzigkeit schauen, dass das nicht irgendetwas Frommes und weit weg ist, sondern dass das das zutiefst Innere Ihrer Seele, Ihres Herzens ist. Schaut, das ist dieser Vollzug. In der heiligen Messe ist das ganze Leben Jesu Christi von Bethlehem bis zur Auferstehung, bis zur Himmelfahrt gegenwärtig. Aber nicht nur auf dem Altar, sondern das vollzieht sich in Ihrem Herzen, in Ihrer Seele. Und das ist am Schluss diese Barmherzigkeit Gottes, dass ich mich dort hineinnehmen lasse. Aber es bricht dann auch uns das Herz, wenn wir uns mit hingegeben haben.
Oder wenn wir das Sakrament der Versöhnung, das Sakrament der Beichte empfangen, so gehen wir von unseren eigenen Vorstellungen weg, und wir wenden uns hin auf unsere eigentliche Berufung, aber es wird unser eigenes Ich, unser eigenes Denken, diese Ursünde, sie wird jedes Mal im Sakrament der Beichte zerbrochen.
Schaut, die Ursünde, diese Sünde von Adam und Eva, das ist dieses Sein-wollen wie Gott, dieses in sich selbst eine äußere Sicherheit zu haben, selber Bestimmen wollen wie ich zu leben habe. Aber Jesus sagt zu Sr. Faustyna: “Liebe ist, den Willen des Vaters zu tun, den Willen Gottes zu tun.” Und gerade dort, im Sakrament der Versöhnung, können wir immer wieder all das bringen, wo wir nicht diese Liebe Gottes getan haben, sondern wo wir auf unsere eigene Liebe geschaut haben. Aber auch hier ist es ein eigenes Sterben von sich selbst, aber ein Sterben, das sofort hinführt zur Auferstehung. Und das ist Barmherzigkeit. Genau das, was wir auch auf dem Bild vom barmherzigen Jesus schauen. Wir sehen zum einen den leidenden Christus, wir sehen die Wunden des barmherzigen Jesus, aber wir sehen auch den Auferstandenen, diese Strahlen der göttlichen Barmherzigkeit. Schaut, und das ist es am Schluss, es ist der barmherzige Jesus, aber es ist auch der verklärte Herr. Es ist genau der gleiche Herr, den wir jedes Mal in der Eucharistie empfangen: wir empfangen den verklärten Herrn, den barmherzigen Jesus. Und schaut, den empfangt ihr in jeder heiligen Messe, empfangt die Fülle der Barmherzigkeit; wenn ihr nachher die Hostie empfangt, empfangt ihr die Fülle der Barmherzigkeit. Und schaut, was geschieht dann?
Gott nimmt diese Strahlen, diese Verklärung, er hat sie seinen Jüngern auf dem Berg Tabor einmal gezeigt. Aber die Jünger konnten damals diese Verklärung, diese Fülle der Barmherzigkeit noch gar nicht annehmen, sondern sie sind eingeschlafen. Und genauso ist es auch heute. Gott nimmt um unseretwillen dann auch manchmal diese Strahlen, diese Verklärung zurück, dass wir ihn empfangen können. Aber schaut, wenn wir ihn nachher in uns tragen, dann geschieht dieses große Geheimnis der Barmherzigkeit: unsere Wunden, Ihre Wunden gehen über in diese Wunden Jesu Christi. Ihre Wunden werden durchglüht von diesen Strahlen der Barmherzigkeit und sie werden durchleuchtet, verklärt und geheiligt. Und das ist dieses Geheimnis der Barmherzigkeit. Ihr werdet inwendig nachher durchglüht von diesen Strahlen der Auferstehung.
Schaut aber, es gehört beides zusammen: Tod und Auferstehung, zuerst immer wieder dieses sich selber Sterben, das Eigene loslassen, aber dann das größere Geschenk zu bekommen, diese Ganzhingabe.
Schaut, das ist der ganz normale Weg und dadurch wird auch unser Herz, ich sag’s immer, gerade in den Sakramenten oder in der Anbetung oder auch im Gebet… und zum Beispiel ist man mal in der Anbetung und man weiß genau, man soll noch beten, aber man hat so nach einer gewissen Zeit vielleicht diesen Wunsch, ich möchte jetzt eigentlich gehen. Aber dann, wenn man bleibt, und sagt: “Nein, aus Liebe zu Dir, Herr.”, dann kommt am Schluss diese Frucht der Anbetung. Ich weiß von jemand z. B., der hat einmal in einem Exerzitienhaus zwei Stunden Nachtanbetung übernommen, da war der gewissermaßen neu bekehrt. Und nach einer Stunde hat er überhaupt keine Lust mehr gehabt und er war eigentlich überhaupt nicht mehr dabei. Und dann aber, zehn Minuten bevor dann die Anbetung zu Ende war, ist er dann ganz und gar hineingenommen worden in dieses Geheimnis der Barmherzigkeit Gottes.
Schaut, das möchte Jesus in Ihnen immer wieder neu schenken. Und so war es auch bei der Sr. Faustyna, zum einen geistlich. Zuerst musste sie sich geistlich ihr Herz brechen lassen, wo sie ins Noviziat eingetreten ist, ist das geschehen. Schon früh ist sie hineingenommen worden in diese Nacht der Sinne, wo sie an sich selber gereinigt worden ist, wo sie manchmal nur noch gerufen hat: “Ich glaube, ich glaube.”, wo sie nichts mehr gesehen hat, von dieser Barmherzigkeit Gottes, aber wo sie einfach treu den Weg gegangen ist mit der Kirche, mit dem heiligen Vater, mit den Priestern. Und dann kam auch diese Dunkelheit, die immer mehr verwandelt worden ist zum Licht.
Und das andere, wo aber Sr. Faustyna dann diese Barmherzigkeit an sich erfahren hat in den Nächten, wenn dann am nächsten Tag z. B. ein Sünder gekommen ist, oder jemand, wirklich auch Personen, die sündhaft waren oder die kein gutes Leben geführt haben, was ist an Sr. Faustyna vorher geschehen? Sie musste mitunter in den Nächten davor zutiefst leiden. Sie hatte größte Schmerzen. Sie hat ja schon im Noviziat Tuberkulose bekommen, und man hat diese Krankheit nicht erkannt. Beim heiligen Pfarrer von Ars war es ebenso, wenn ein großer Sünder am nächsten Tag gekommen ist, dann hatte er das größte Leiden in der Nacht davor. Aber, schaut, das ist das Geheimnis von Tod und Auferstehung, auch im Äußeren, aber auch im Geistlichen. Und genauso ist es eben auch bei Ihnen, meine lieben Zuhörer, auch Sie werden jeden Tag unzählige Male geprüft. Dieses ist die Berufung, dieses Hineingenommen zu werden in Tod und Auferstehung. Und schaut, das ist notwendig, dass diese Barmherzigkeit Gottes in Ihnen neu aufbricht und in Ihnen neu entdeckt wird.
Ich drücke es so aus: Jesus sagt zu Sr. Faustyna: “Dein Entschluss heilig zu werden, ist mir außerordentlich lieb, und ich gebe dir jeden Tag unzählige Möglichkeiten dazu. Wenn es dir aber nicht gelingt, so komm demütig zu meinem Kreuz und bitte mich gewissermaßen um Verzeihung oder komm in den Beichtstuhl und bitte mich um Verzeihung, und ich werde dir mehr Gnaden schenken, als du verloren hast.” Schaut, das ist das Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit. Prüfen wir uns selber. Es geht darum, dass diese Barmherzigkeit in uns lebendig werden soll. Das soll in uns geschehen, wir selber sollen zu diesen Zeugen dieser Barmherzigkeit Gottes werden.
Aber zu Zeugen auf zweierlei Weise. Was ist notwendig, um diese zweifachen Zeugen zu werden? Ich versuche es vielleicht einfach so: In den letzten Tagen hat es mir jemand gesagt und es ist mir in der Betrachtung so klar geworden. Schaut, meine Lieben, Jesus sagt zu Sr. Faustyna, wir leben in einer unsagbar großen Zeit der göttlichen Barmherzigkeit. Der Himmel steht so offen wie noch nie. Und schaut, auch äußerlich steht der Himmel offen, glaub ich, wie noch nie. Z. B. wenn wir schauen, wir haben zur Zeit zwei Päpste gewissermaßen, einer, der emeritiert ist und der andere, der eben nach außen tritt. Aber in diesen zwei Päpsten können wir vielleicht auch dieses Geheimnis der Barmherzigkeit für unsere heutige Zeit mehr denn je sehen. Der eine Papst, der im Verborgenen lebt, der aber gewissermaßen seinen Mitbruder betend unterstützt und schaut, dieses wunderbare Zusammenwirken dieser beiden Männer. Der eine Papst, der im Verborgenen lebt, der im Verborgenen sein Herz brechen lässt, der sein Herz für die Menschen, für die ganze Welt, der Barmherzigkeit hingibt, und der andere Papst, dieser aktive Papst, der aber die ganze Zeit die Menschen nur hinweist auf dieses Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit. Und ich glaube diese drei Päpste, wenn ich Papst Benedikt und den seligen Johannes Paul zusammennehme, die zwei tiefgeistlichen, und dann jetzt dieser aktive, aber dieser feurige Papst, ich glaube, diese Päpste, sie weisen uns auch äußerlich auf dieses Geheimnis der Barmherzigkeit mehr den je hin. Und schaut, es ist auch unsere Berufung, unser Weg.
Und so ist es auch bei den Heiligen gewesen. Die Liebe, sie haben wir nicht aus uns selber. Die Sr. Faustyna, sie schreibt in ihrem Tagebuch: der Mensch aus sich allein ist nur Elend. Sie hat Gott in der Anbetung, sie hat Jesus immer tiefer, immer mehr erkannt. Aber wo sie Jesus mehr erkannt hat, ist ihr auch aufgegangen, wie groß eigentlich ihr eigenes Elend ist. Und deswegen wusste sie: ich muss immer wieder zu Jesus hingehen. Und schaut, auch das war bei den großen Heiligen, bei einem heiligen Franziskus, bei einem heiligen Antonius von Padua, all diese großen Heiligen, sie hatten immer einen Wechsel im Leben, und zwar ein Wechsel von contemplatio – diese Haltung, dieses geistliche Leben der Barmherzigkeit ist das verborgene Leben der Barmherzigkeit – das Sr. Faustyna auf tiefste Weise gelebt hat, aber auch dieses äußere Leben, diese actio, diese Barmherzigkeit hinauszutragen zu den Menschen, damit die Menschen wieder neu erfüllt werden von dieser Barmherzigkeit Gottes und von dieser Liebe Gottes.
Und schaut, meine Lieben, um das geht es eben auch an diesem heutigen Tag. Ich denke das ist ein so großes Geschenk hier in der Diözese Paderborn. Und Jesus, er sieht, das ist dieser Blick Gottes, dieser Blick der Barmherzigkeit Gottes, er sieht das Herz jedes einzelnen von Ihnen. Gott hat ja nur Gutes in Ihr Herz hineingelegt. Aber jetzt ist es diese Sehnsucht Gottes, dass Sie zu diesen Aposteln und zu diesen Zeugen der Barmherzigkeit werden und dass Sie diese Barmherzigkeit Gottes, dieses Feuer, diese Funken der Barmherzigkeit, dass Sie es dann hinaustragen zu den Menschen in Ihren Familien, in Ihren Gemeinden, in all Ihren Orten. Ich glaube der selige Papst Johannes Paul II. sagt: nichts braucht die Welt so sehr, wie diese Barmherzigkeit Gottes.
Ich denke es ist nicht nur ein Zufall, dass heute, an diesem Ort und in dieser Zeit, in dieser Stunde eben auch dieser Kongress der Barmherzigkeit ist. Schaut, wir haben einen besonderen Augenblick im Kirchenjahr. Es ist dieser Wechsel, eben das alte Kirchenjahr ist zu Ende und das neue Kirchenjahr beginnt; dieses Sterben von Tod und Auferstehung. Das neue Kirchenjahr beginnt mit der Adventszeit, mit dieser Menschwerdung Jesu Christi, Christus, der neu geboren wird. Und schaut, ihr kennt ja dieses Geheimnis und diese Sache, wo dieses Licht von Bethlehem auch in die Gemeinden hinausgetragen wird. Schaut, und genau Sie sind es heute, Sie sollen zu diesem Licht von Bethlehem, zu diesem Licht der Barmherzigkeit werden, dass Sie Jesus Christus selber in sich tragen und die Menschen neu entflammen lassen von dieser Liebe und von dieser Barmherzigkeit Gottes, das ist Ihre Berufung.
Und wir sehen, wie konkret das einfach auch dann ist. Wir feiern dann Weihnachten, die Adventszeit, diese Vorbereitung… Jesus, er wird Mensch im Fleisch. Aber nicht irgendwo, sondern in diesem Fleisch von Ihnen. Er möchte Mensch werden in Ihnen. Und je mehr Jesus Mensch wird in uns, um so mehr wird auch diese Barmherzigkeit Gottes in uns sichtbar, auf äußere Weise, wenn wir diese Werke der Barmherzigkeit tun, aber auch auf geistliche Weise, je mehr wir immer wieder diese Barmherzigkeit Gottes empfangen und sie leben, in der Tat, im Wort und Gebet.
Und ich glaube, da möchte uns Jesus hinführen, dass es nicht nur irgendetwas Frommes ist und nicht nur irgendeine Erinnerung, sondern dass das das tiefste Innere Ihres Herzens ist, dass das das tiefste Innerste Ihrer Seele ist.
Wenn auch wir unser Herz brechen lassen, wird unser Herz am Schluss, dem Herzen des himmlischen Vaters ähnlich. Schaut, wir müssen unser Herz brechen lassen für die Ungetauften. Aber es geschieht noch etwas anderes. Wenn unser Herz gebrochen wird, so dürfen wir unser Herz hineinlegen in dieses Herz der Gottesmutter, in dieses Herz der Mutter der Barmherzigkeit und dann werden unsere Wunden geheilt. Das tut weh, wenn unser Herz gebrochen wird, aber dann wird unser Herz geheilt, zum einen durch diese Barmherzigkeit der Mutter, aber vor allem dann durch diesen roten Strahl, durch das kostbare Blut Jesu. Und schaut, da geschieht diese Heilung, dieses heilig werden. Diese Barmherzigkeit Gottes in uns, in unserem Herzen.
Aber am Schluss ist es Jesus Christus, der unsere Herzen nimmt und zurücklegt in diese Wunde des himmlischen Vaters. Diese Wunde, sie muss ja geheilt werden. Jesus springt in diese Bresche von diesem geöffneten Herzen des himmlischen Vaters. Aber er springt nicht allein hinein, das wäre nicht barmherzig, sondern er möchte jeden einzelnen von Ihnen hineinnehmen in dieses innerste Herz des himmlischen Vaters. Amen.